Wir rocken den Brocken

 Unsere Harzreise Teil 2

Gestern Abend bohrten sich die Federn der Taschenfederkernmatratze in meine nicht gerade ungepolsterten Hüften. Zum Glück hatten wir ein 4- Bett- Zimmer, sodass wir in das andere Doppelbett umziehen konnten und weicher schliefen. ( Morgens schaue ich unter das Laken und stelle fest, dass die Matratzen verkehrt herum- unten lag oben- im Bett waren🤭).

Aus unserer Erfahrung von gestern schlau geworden, google ich schon morgens nach dem Abendessen und reserviere einen Tisch im letzten offenen Zeitfenster in einer Osteria in Schiercke. Nach Rom musste ich Betten vorbuchen,  im Harz auch das Essen.

Die Sonne lacht ins Zimmer, der Himmel strahlt schon mehr blau als grau und wir gehen zum Frühstück. Das Haus ist voll und das Buffet schnell leer, aber wir werden satt. Für den bitteren Kaffee brauchen wir viel Zucker, doch der Kreislauf kommt in Schwung. Zucker wird in dem Hotel zu künstlerischen Gestaltung der Wände genutzt.


Beim Bezahlen erfahren wir, dass die 9€ fürs Frühstück bei HSR schon lange nicht mehr gelten, aber weil wir es so gebucht haben....

Dann geht es los. Der Himmel ist inzwischen fast Wolkenlos.


Der Blick zurück zeigt nocheinmal die Betonklopper von Altenau.


Quer über eine Wiese gelangen wir zurück auf unseren Hexenstieg. Entlang am murmelnden Wasser ist der Weg wunderschön fußfreundlich.




Vorbei geht es am Windbruch und es kommt mir vor, als wenn Riesen Mikado gespielt hätten. Was für eine Kraft hat hier gewirkt?

Dann kommt, was wir irgendwie schon erwartet haben. Der Weg ist wegen Windbruch gesperrt. Aber es gibt einen naturbelassenen, anspruchsvollen Ausweichweg.






Wir laufen hochkonzentriert auf dem teils sehr rutschigen, steilen Pfad nach unten und sind froh unsere Stöcke dabeizuhaben.

Kaum sind wir unten, kommt uns ein Biker mit seiner Tochter im jungen Grundschulalter auf dem für Fahrräder eindeutig gesperrten Wanderweg entgegen. Unsere Warnung, dass er da nicht fahren kann, gleich garnicht mit Kind, wischt er weg mit der Bemerkung: Mann😴 muss doch sein Kind motivieren. Ich hole tief Luft, doch H. bremst mich. Väter die ihren Ehrgeiz auf die Kinder projizieren...

Wir kommen wieder auf gangbarere Wege und treffen immer mehr Wanderer. 


An der Jugendherberge in Torfhaus entdecke ich diese witzige Tischtennisplatte.

Am Torfhaus lockt uns eine Almhütte zur Pause. Mit Skihüttenfeeling, ausgesprochen netter Bedienung und Blick auf den Brocken trinken wir ein Bier und teilen einen Germknödel. Es geht doch! 




Dann wird der Weg immer belebter, noch 6 km bis auf den Brocken. Wir kommen über weite Strecken über Schneewege, in der Sonne schön matschig, im Schatten gefährlich glatt. Mir geht Goethes vom Eise befreit, sind Strom und Bäche...durch den Sinn. Es beschreibt so trefflich was ich hier sehe und fühle. Hier bin ich Mensch...


Wir queren die Grenze und laufen in die DDR ein.

Am " Basislager " wird es so voll,  dass wir schon glauben Nummern ziehen zu müssen. 


Die Brockenbahn überholt uns pfeifend und die schwarzen Rauchwolken, die sie ausbläst, passen zu dem morbide Charme des Berges. Es riecht wie im Winter in der DDR,  als noch Braunkohle verheizt wurde.


Oben angekommen verteilen sich die Leute recht gut und wir suchen die nächsten Wanderziele auf der "Brockenuhr". 






Das vom letzten Jahr finde ich auch, aber Jerusalem fehlt.


Abwärts geht es ein Stück parallel zur Brockenbahn und dann auf den nächsten naturnahen Weg, der als schwierig zu begehen steht. Er war es tatsächlich, denn der größte Teil war durch Schmelzwasser überflutet und extrem morastig. Wir trafen eine Familie, die einen Schuh im Morast suchte, der versunken ist. Aber wir kommen trockenen Fußes unten an  und sind wieder dankbar für die Stöcken




Nochmals auf einem Höhenweg blicken wir in strahlend blauen Himmel und toten Wald. Es klingt verrückt, aber diese glatten, toten Baumgerippe in Reih und Glied glänzen silbern in der Sonne und ergeben ein faszinierendes " Kunstwerk" dass mir ästhetisch gefällt. ( Ich schäme mich dafür, doch auch im Tod ist die Natur wunderschön. ) Dieser Ansatz passt doch perfekt zu Ostern. Tod und ( hoffentlich) Auferstehung. Vielleicht bis Osten 2050?!

Nun geht es "Omas Rodelbahn" nach Schierke runter, direkt bis zum Hotel....


...das wir nicht gebucht haben. Gegenüber ist die Jugendherberge und mit unserem Mitgliedsausweis bekommen wir für 81€ ein sonniges Zimmer mit 2 Doppelstockbetten.😇

H. mault, weil er wieder sein Bett beziehen darf. Obwohl Corona ist, gibt es keinen Seifenspender im Zimmer. Das verwundert mich ein wenig.

Mit leichtem Sonnenbrand im Gesicht und heißen Füßen lassen wir uns nach fast 27 km auf die Betten plumpsen. 


Für die italienischen Momente laufen wir noch zum anderen Ende des Ortes, sodass wir noch die 30km- Marke knacken. Auf dem Weg dahin sehen wir ein sehr hübsch restaurierte und aufgeräumter Schierker Häuser. 



Das könnte auf dem Zauberberg stehen, wartet aber noch auf die Wiederbelebung.

Das Rathaus.

H. meint in Altenau wurde sichtbar die Zonenrandförderung eingestellt und der Aufbau Ost hat hier Wunder bewirkt. Ist bestimmt etwas dran. Ich freue mich über den schnuckelig Osten.🤣
Sogar das Osterfeuer lodert schon und Ostrock erfüllt den Ort.


Dann endlich finden wir die schicke Osteria und lassen es uns schmecken.



Auf dem Rückweg bekommt H. kalte Ohren und zieht seinen Schlauchschal über die Ohren. Er sieht einer Hexe ziemlich ähnlich.
Hexen zieren hier die Laternen...


...und diese inspirieren mich zu einem Tatort- Szenario á la Brockenkrimi.
Der grüne Bürgermeister von Schierke wird tot an eben so einer freien Laterne Morgens tod aufgefunden.
Verdächtig ist eine Inmobilienfirma, welche am nunmehr fast kahlen Brocken eine exklusive Wohnanlage für die Reichen der Reichen bauen möchte. Der Bürgermeister möchte aber aufforsten. Das spaltet die Bevölkerung...
jetzt dürft ihr gern weiter spinnen.

Wir lachen herzlich, als wir ein Wahlplakat für einen Grünen an einer Laterne sehen. 
Übrigens heute merken wir die Höhenmeter und H. greift freiwillig zum Pferdegel.😅 Morgen werden wir eine der kürzeren Varianten wählen,  denn am Ende des Weges wartet ein Wellnesshotel mit Sauna.  Ich freue mich auf Sonne, Luft und Schwitzen.


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