Saale- Horizontale

 Letztes Wochenende im recht vollen Zug nach Naumburg waren die Wanderfreaks unter sich und begannen mich in ein Gespräch übers Wandern hier in der Umgebung hineinzuziehen. Da hörte ich das magische Wort:                                                                                                                                                  SAALE- HORIZONTALE! 

Meine Nachfrage ergab, dass es sich hier um einen Rundwanderweg mit richtig Höhenmetern handelt. Meine Neugier war geweckt und zu Hause googelte ich.                                                                              91 Km Rundwanderweg mit 2600 Höhenmetern auf 9 Etappen, dass klang lässig in meinen Ohren.  Komoot hat die Karten und Höhenangaben parat und schon war mein Ehrgeiz geweckt.

Mit dem RB 20 geht es morgens nach Naumburg und dort steige ich in den RB 25 und fahre nach Dornburg an der Saale. Gleich am Bahnhof begegne ich dem offiziellen Zeichen, dem SH.


Der Weg ist wunderbar ausgeschildert, sodass ich nicht ständig nach der Route schauen muss. Ein Blick nach oben zeigt mir die Ansicht der Dornburger Schlösser. Gleich drei wurden hier nach und nach in herrlicher Lage gebaut.

Der Weg führt mich steil duch einen schönen Wald und die Vögel begrüßen mich freudig. In der Ferne pocht ein Specht. Kalkfelsen zeigen sich zwischen den Bäumen und es ist sehr lauschig.


So gelange ich flott zu den Schlössern und Gärten. Der Ort ist sehr hüsch und gepflegt. Das Rathaus steht stolz am Platz.

Gegenüber des mittleren Schlosses gibt es eine Bauhaus- Töpferei.


Zwei der Schlösser kann man besichtigen, doch ich setze mich mit einem idealen Ausblick ins Saaletal zum Frühstück. Ein kleiner Vogel (Hausrotschwanz?) setzt sich in meine Nähe und singt mir ein kleines Lied, bevor er weiter fliegt. Ich nehme es als Zeichen und laufe auch weiter.








Aus dem Ort heraus, vorbei an großblütigen Pfingstrosen und Mohnblüten, geht es über sonnige Wiesen und Felder und ich bin einfach nur glücklich in dieser geballten, farbenfreudigen Natur. Kurze Zeit später finde ich eine Stempelstelle. Davon wußte ich nichts und so muss ein Bestellkärtchen für diese kleine Erinnerung herhalten.

 





Nun geht es weiter in den Wald stetig bergan, am Burgschädel vorbei , um dann steil nach unten zur B88 zu führen. nach ca. zehn Schritten quere ich den Röderbach und kann zurück in den Wald. Was ich runterlief, laufe ich nun wieder hoch und weiter durch herrlich blühende Wiesen nach Neuengönna. Unten wies ein Schild auf "Ellas Laden" hin, den ich geöffnet vorfinde. Die Besitzerin grüßt freundlich vor der Tür und da es Kaffee gibt, bleibe ich kurz da. Ich komme mit "Ella" und ihren Mann ins Gespräch übers Wandern und weil ich mein "Santiago- Shirt" trage, auch übers Fernwandern/ Pilgern. Sie sind total nett und er erzählt, dass er gleich nach dem Abi sich 7 Monate Auszeit gönnte. Wunderbar.

Trotzdem möchte ich weiter und verabschiede mich von den netten Leuten."Ella" schenkt mir eine Tafel hauseigene Schokolade als Wegzehrung und ich bin gerührt von dieser lieben Geste. Das erinnert mich so sehr an meine Pilgererlebnisse, dass ich ein ziehen in der Seele spüre.

Einmal quer durchs Dorf laufe ich wieder leicht bergan in einen sonnendurchfluteten Wald. Gigantisch schön und einsam. Im Laub raschelt eine Maus, reckt ihre Nase kurz in die Sonne, als wollte sie Luft holen, bevor sie im Mauseloch verschwand.

Danach geht es wieder über einen Wiesenkamm und ich staune, was hier alles blüht. Mein Herz läuft über und ich bin einfach nur glücklich. Der Blick kann in die Ferne schweifen und es ist eine beglückende Landschaft. Ich sehe eine Bank und finde, es ist Zeit für eine Mittagspause. Mich wundert, dass ich niemanden auf diesem herrlichen Weg begegne.


Der Weg wechselt zwischen wiesehoch und wieseab und jetzt kommt mir ein älterse Ehepaar entgegen. Die Frau spricht mich an:" Ich habe gerade zu meinem Mann gesagt, dass es erstaunlich ist, dass hier niemand unterwegs ist!" Ja, da kann ich sie beruhigen, dass wird so bleiben und waren auch so meine Gedanken. Auch hier ist Zeit und Laune für ein kleines Schwätzchen, bevor ich weitergehe. (Das Pilgergefühl hält an😊. Inzwischen sehe ich Jena im Tal.

 Ich komme am Jenaer Käuzchenberg, einem Weinberg mit unruhiger Geschichte, vorbei und mich lechzt es nach einem kühlen Gläschen. Leider ist weit und breit nur Natur. Also geht es in einem großen Bogen hinunter nach Zwätzen, dem Ende einer Etappe der Saale- Horizontale. 



Im Ort laufe ich zur Kirche in der Hoffnung Wasser zu finden, denn meine Kehle ist ausgetrocknet und in meiner Flasche sieht es mau aus. Die wunderbare, alte Kirche ist verschlossen und kein Wasserhahn zu finden. Im Ort herrscht Mittagsruhe, kein Mensch weit und breit und so nehme ich die zweite Etappe in Angriff, denn es läuft! Ich fühle mich großartig.




Über Wiesen geht es in den nächsten Wald. Auch hier wieder bizarre Kalksteinwände über einem fast ausgetrockneten Bachbett. Die Bäume haben mächtige Wurzeln und die Sonne scheint durch die Buchenblätter. Überall an besonders lauschigen Plätzen oder bezaubernden Ausblicken stehen Bänke gestiftet von oder für jemanden und laden zur Rast ein. Der Weg führt an Closewitz vorbei, doch meine leere Wasserflasche lässt mich die Saale- Horizontale kurz verlassen. In einem hübschen Hof putzt eine junge Frau Fenster und auf meine Bitte hin, füllt sie die Flasche mit eiskalten Leitungswasser auf. Herzlichen Dank.



Zurück auf dem Weg, bin ich kurz irritiert, da hier die Markierung tatsächlich zweideutig ist. Mit Hilfe von Komoot find ich den Einstieg, an Kleingärten vorbei, in den Wald. Kurz bergan und dann gemächlich gefühlt auf einer Höhenlinie durchquere ich diesen und bevor es wieder auf eine Wiese geht, erfahre ich, dass hier vor mir auch Luther und Napoleon entlang gekommen sind. Nun laufe ich auf einer Anhöhe, die mich mit ihrer Weite und dem Weitblick (in der Ferne sehe ich den Weg sich schlängeln)  kurz an die Meseta erinnert. Wahnsinn! Ein weißes Meer von blühenden Weißdorn zieht sich an einem Hügel entlang. Dieses Paradies nennt sich "Windknollen" und ist ein einzigartiges Naturschutzgebiet. Eine Tafel erklärt die Besonderheiten, geschütze Pflanzen, Insekten und Bodenbrüter. Deshalb ist es besonders wichtig auf den Wegen zu bleiben. Auch hier sehe ich nur in der Ferne ein paar Gestalten.



Bald soll ich dieses Paradies verlassen, doch ich schweife vom Weg ab, denn die Leute, die ich gesehen habe, scheinen einen weiteren Ausblick zu genießen. Ich komme zum Napoleonstein, der hier 1806 mit 160 000 Soldaten auf dem Landgrafenberg Stellung bezog.



Ich beziehe Stellung auf der Bank, trinke etwas und esse meinen Kuchen, bevor es zurück auf die eigentliche Route geht.

So komme ich in das Goethewäldchen und werde hier in einer Schlaufe zum Blinkerdenkmal und danach zum Aussichtsturm Landgrafen geleitet. 


Da ich genug Höhenmeter in den Beinen habe, verzichte ich auf den Aufstieg und begebe mich mal wieder bergab mit Blick auf Jena, um dann einen wirklich schmalen, gerölligen Weg nach unten zur Papiermühle, dem Endpunkt der zweiten Etappe, zu laufen. 

Der dortige Biergarten ist gut besucht, doch ich schaue erst einmal, wie ich hier wieder weg komme. Es gibt tatsächlich, rechts neben dem Biergarten, eine Busverbindung (Linie16) in die Innenstadt. Von da ist es nicht mehr weit zum Bahnhof Jena/Paradies zu laufen. Ich steige in die schnellere Zugverbindung nach Leipzig Hauptbahnhof und bin nach 1:12 h zurück.

Hinter mir liegt eine phantastische, abwechslungsreiche und fußfreundliche Tour. Mit 23 km und 1000m aufwärts sowie fast 950m abwärts habe ich mir ein Glas Wein am Abend redlich verdient.



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