5. Etappe: Neustadt a. R.- Neuhaus am Rennweg

 Morgens hängen tiefgraue Wolken am Himmel und so gehen wir erst einmal in Ruhe frühstücken.

Der Blümchenkaffee aus der Thermoskanne weckt keine Lebensgeister. Der Blick über das typisch thüringische Frühstücksbuffet ist auch eher traurig, als begeistert. Sie ähneln sich alle. Ich frage den jungen Mann vom Service, ob ich wohl ein Stück frisches Obst bekommen kann. Er schaut mich irritiert an und ich helfe ihm: Vielleicht einen Apfel? Sein Blick lässt mich denken, dass ich nach dem Reichsapfel gefragt hätte. Er ist so verwirrt, dass er fragen gehen muss. Seine Kollegin kommt und meint: Das sei von der Geschäftsleitung nicht gewünscht! Es gebe doch Kompott! Oh weh: Mischobst in Zuckerwasser war noch nie mein Ding. Also gibt es traditionell ein Käse- und ein Marmeladenbrötchen. Holger fragt mich ernsthaft, wie es den Restaurants gelingt, so ein festes Rührei zu kochen. Gute Frage: Früher wurde es mit Mehl gestreckt, heute kommt es fertig aus der Tüte. Da hier Traditionen hochgehalten werden, vermute ich Ersteres.

So gestärkt laufen wir los und ein eisiger Wind empfängt uns. Unsere Mützen und Handschuhe kommen zum Einsatz.  Wir finden sofort den Einstieg in den Rennsteig, der erst einmal durch  Wiesen nach Kahlert, einem Ortsteil von Neustadt führt. Hier verdunkelt sich der Himmel und der erste Graupelschauer des Tages geht auf uns nieder. An einer Kreuzung wird nun auch nocheinmal behauptet, es sei die Mitte des Rennsteiges. Jeder möchte mit irgendetwas punkten.


Hinter Kahlert geht es dann in den Wald. Der Weg ist wieder ein märchenhafter und ich erinnere mich an Wandertage meiner Kinheit in solchen schaurig- schönen Nadelwäldern.


Danach queren wir eine Landstraße und kommen über die Schwalbenhauptwiese zur Triniusbaude, die wegen eines Trauerfalles geschlossen ist. Über eine Anhöhe kommen wir an großen Wiesen nach Masserberg und inzwischen scheint sie Sonne.



 

Unser Weg führt zur Guts- Muths- Hütte, wo wir Pause machen möchten. Unser Wanderführer sagt Montags Ruhetag, doch vor Ort steht  Montags und Dienstags Ruhetag. Der daneben stehende Aussichtsturm auf dem Eselsberg ist angeblich der einzige Turm direkt auf dem Rennsteig. O.K.?! (Der gestern stand auch direkt am Weg.)

Mit einen Eurostück erlangen wir Eintritt durch das Drehkreuz und ersteigen die 33 m Höhe. Oben werden wir mit einem herrlichen Ausblick belohnt. Leider haben wir die Rucksäcke unten stehen lassen, denn das wäre ein Traum- Picknickplatz.





Kaum sind wir auf dem Abstecher zur Werraquelle, da hüllt uns der nächste, heftige Graupelschauer ein und wir stellen uns unter den Bäumen unter, bis der größte Teil vorbei ist.



An der Eichsfelder Ausspanne, dem Übergang vom Werra zum Schwarzatal setzen wir uns in die großzügige Schutzhütte und stärken uns mit Käsebrot und Ei. 

Das Wetter wechselt wieder zu Sonnenschein, der Wind bleibt aber eisig, sodass wir unseren Atem sehen. Im Wald dampft es wieder wie in der Hexenküche. 


Überall stehen auch heute wieder alte, verwitterte, bemooste Grenzsteine am Weg und der Älteste ist von 1598.



So erreichen wir nach 17 km Friedrichshöhe. Der Gasthof hat Ruhetag und so ziehen wir gleich weiter.


Wieder im Wald erreichen wir den " Dreistromstein". Der Obelisk kennzeichnet die Wasserscheide zwischen Elbe, Weser und Reihn und gilt als einer der interessantesten hydrografischen Punkte Europas- sagt der Wanderführer. Ok., wenn es so sein soll...



Weiter geht es durch den herrlichen Wald und finden am Waldesrand nicht nur ein Pilgerwegzeichen, sondern auch einen " XXL"- Stuhl mit einer besonderen Botschaft.


              "Bei uns erleben Sie Höhepunkte "😄

Über diesen Satz müssen wir beide lachen im Gedenken an die touristische Entwicklung der Region.


Kurz danach erreichen wir gemächlich bergab Limbach, doch auch hier ist keine Möglichkeit einzukehren.
Holger liebäugelt mit der Busstation, denn es liegen immer noch fast 8 km vor uns. Doch er will nicht zugeben, dass er langsam schwächelt und ich bin noch nicht am Ende. Also geht es weiter und wir müssen auf der anderen Seite des Tales steil bergauf laufen. Hinter einer Kuppe geht es nochmals steil weiter und Holger stöhnt. Oben auf dem Sandberg finden wir einen Stein für den freien Kammweg. Hier war Sperrzone bis 1989.

                 " Frei ist der Kammweg" 

Kurz danach haben wir einen herrlichen Blick auf den Stausee Scheibe/ Alsbach.


Nun geht es nocheinmal steil bergauf, bevor es gemächlich geradeaus geht. Allerdings wird es ziemlich dunkel, kleine, weiße Kugeln landen auf dem Waldboden und kaum haben wir unsere Regencapes übergehangen, fallen die Hagelkörner in dichten Kügelchen herunter. Erst klein und dann bis Popcorngröße.



Dann endlich erreichen wir das Gewerbegebiet von Neuhaus am Rennweg...hurra, irgendwie bin ich jetzt auch geschafft. Das erste Hotel, dass wir erreichen, ist unseres. 18 Uhr und 30km später bin ich froh anzukommen. 
Wir bekommen eine nette Einweisung und erfahren, dass das Hotelrestaurant geschlossen hat. Aber es gibt eine Liste mit den Restaurants in der Nähe, die eventuell offen haben ( mit Telefonnummer, denn es ändert sich öfter). Auf einem zweiten Zettel stehen die Telefonnummern der Bringdienste. Für den Fall wurde im Konferenzsaal eingedeckt und wir können dort in Ruhe essen. Für mich ist klar, ich will nicht mehr laufen und irgendwas vegetarisches wird es hoffentlich geben. Holger ist skeptisch.
Erst einmal gehen wir aufs Zimmer, dass sehr geräumig und gemütlich ist. Es gibt eine riesige Dusche, unter deren heißen Strahl ich mir neues Leben einhauche.
Inzwischen hat Holger über Maps rausgefunden, dass es in 250m einen Rewe- Markt gibt. Die Entscheidung fällt uns leicht und Holger kauft uns ein leckeres Abendmenü samt Nachtisch. Wir setzen uns in den Saal, machen die Heizung an und lassen es uns schmecken.
Gegenüber, sehe ich, gibt es eine sehr schöne Sauna. Leider ist sie nicht an und die Rezeption ist 19 Uhr nicht mehr besetzt. Schade!



Auch wieder genug Höhenmeter geschafft.

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